27. April 2024

RIZIN als Waffe

Samen des Wunderbaumes als tödliche Waffe? Welch eine Vorstellung? Der Name Wunderbaum gründet sich auf der biblischen Erzählung, wonach die Pflanze zum Schutze des Propheten Jonas in Ninive in einer Nacht zum Baume aufgeschossen ist. Am 13.06.2018 gab es in Köln einen großen Terror-Alarm. Die Vermutung, ein knapp 30 In Spezialanzügen gesicherte BeamteJahre alter Mann habe einen extrem giftigen Stoff hergestellt und aufgewahrt,  hatte sich bestätigt. Es soll sich um Rizin gehandelt haben. Rizin (russisch: рицин) wird aus dem Samen der Ricinuspflanze gewonnen. Die Rizinuspflanze ist die einzige Pflanzenart der monotypischen Gattung Ricinus, die zur FamilieRicinus communis der Wolfsmilchgewächse wie z. B.  der Weihnachtsstern, der Christusdorn, der  Kautschukbaum, die Yuka (Maniok) sowie auch die „Springbohne“ gehört. Ich darf in diesem Zusammenhang auf meinen Artikel „Rizin (Natur) – Nowitschok (Labor)“  verweisen. Hier hatte ich das tödlichste bekannte Pflazengift bereits ausführlich beschrieben. Es wurde früher schon öfters als Waffe benutzt und steht auf der Liste der BTWC. Ich schrieb: Trotz seiner mangelnden Eignung für einen Angriff mit dem Ziel von Massentötungen ist Rizin in der Liste 1 der Chemiewaffenkonvention (CWC) aufgeführt, die die giftigsten Toxine enthält, und zugleich auch in der letzten Version der Bio- und Toxinwaffen-Konvention (BTWC).

Weiter zeigt das Video, wie vorsichtig und mit welchen besonderen Schutzanzügen Feuerwehr und Polizei bei der Festnahme des Mannes und seiner Ehefrau vorgehen mussten.

 

Rizin als Waffe

Orginal Regenschirm als WaffeGeorgi Markovwar 1978 beim Regenschirmattentat (hier Video ansehen), als der bulgarische Journalist und Dissident Georgi Markov in London von bulgarischen Geheimdienstagenten auf offener Straße mit einem Regenschirm, dessen Spitze mit einer 1,52 Millimeter großen Kugel mit 40 Mikrogramm des Toxins präpariert worden war, angegriffen und in den Unterschenkel gestochen wurde. Markow starb einige Tage später im Krankenhaus an einem Kreislaufversagen als Folge der Vergiftung. Im Januar 2003 wurde bei der Festnahme mutmaßlicher Islamisten in Großbritannien eine geringe Menge Rizin gefunden. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Rizin in einer Menge von 0.043 Mikrogramm pro Körpergewicht unter die Haut gespritzt eine tödliche Vergiftung hervorruft. Das sind bei einem 80 kg schweren Menschen etwa 3 Milligramm.

der Grüne RicinusUnd jetzt dieser Rizin-Fund, anfangs nur ein schrecklicher Verdacht. Im Youtube-Video kommt die Gefährlichkeit dieses Rizin gut zum Ausdruck.

Noch ist nicht bekannt, wie der festgenommene Mann, der mit einer sogenannten Spuckhaube abgeführt wurde, an das tödlichste Gift aller Pflanzengifte gekommen ist, ob er es selbst hergestellt hat oder über des Darknet erhalten hat. Wahrscheinlich hat er sich über das Internet den Samen des Wunderbaumes, so nennnt man auch die echte Rizinuspflanze, besorgt und dazu eine Vorrichtung gebastelt oder besorgt, um das Rizin aus dem Samen zu extrahieren. Da das tödliche Gift Rizin nicht fettlöslich ist, kann man das Rizinusöl, das in einigen medizinischen Bereichen Verwendung findet und in jeder Apotheke als völlig harmlose Substanz zu kaufen ist, technisch mit der geeigneten Vorrichtung einwandfrei vom todbringenden Rizin trennen. 

 

Rizin zur Selbsttötung

Eine Seniorin hatte im Dezember 2017 in einem Altenheim in den USA mit selbst gemachtem Rizin experimentiert und das hochgefährliche Gift an ihren Mitbewohnern getestet. Zu Tode kam zum Glück niemand. Wie das US-Justizministerium mitteilte, bewohnt die 70 Jahre alte Seniorin ein Apartment in einer Seniorenresidenz. Im Rahmen einer Untersuchung in einem Krankenhaus, wo sie sich durchchecken lassen wollte, erzählte dabei den Ärzten, sie habe Rizin hergestellt und anderen Bewohnern über Wochen in Essen und Getränke gemischt. Daraufhin wurde die US-Bundespolizei FBI alarmiert. Die Beamten entdeckten in der Küche der 70-Jährigen mehrere selbst etikettierte Fläschchen und Pillendosen, darunter eine Flasche mit der Aufschrift „Rizin“. Tests bestätigten, dass es sich um das hochgefährliche Gift handelte. In den anderen Fläschchen waren Extrakte von Äpfeln, Kirschen und Fingerhut, aus denen nach Einschätzung der Experten ebenfalls Gift hergestellt werden kann. Das Bild zeigt einen Rizinussamen, stark vergrößert. Der Samen ist etwa 100 mm, 5 mm breit und 4 mm dick. Die Aufnahme habe ich von einem Grünen Rizinusstrauch-Samen gemacht, beide sind aber nahezu identisch.

 

Eine extrem seltene Ausnahme –> weltweit nur 3 Personen bekannt !

Nun aber gehören Sie, liebe Leser, sicherlich nicht zu den Glücklichen, die im immun sind dieses Rizin. Davon gibt es weltweit nur drei Menschen (soweit bekannt), die Rizin eigentlich ohne Probleme trinken könnten. „Ein Patient der Uniklinik in Münster ist immun gegen die Substanz. Für die Forschung ein Glücksfall“ konnte man Anfang 2018 in der Weltpresse lesen. Weiter hieß es dort:  „Ein paar Milligramm Rizin – mehr braucht es nicht, um binnen Stunden den stärksten Sportler zu töten. Der zarte Patient dagegen würde eine Attacke mit dem Gift überstehen. Aufgrund eines genetisch bedingten UKM -  Universitätsklinikum MünsterStoffwechsel-Defekts ist der 20-Jährige dagegen immun – als einer von drei Menschen weltweit, die bekannt sind. „Für die Forschung ist der Patient ein Glücksgriff“, sagt Prof. Thorsten Marquardt, der am Uniklinikum Münster den Bereich Angeborene Stoffwechselerkrankungen leitet. Auch dank ihm versteht man den Aufnahmemechanismus des Gifts besser. Wo man die Mechanismen kennt, kann man Gegengifte entwickeln, erklärt Marquardt.“

 

Das unheimliche Nervengift  Nowitschok

Im Gegensatz hierzu ist das Nowitschok (russisch Новичок, deutsch ‚Neuling‘, englische Transkription Novichok) ist eine Gruppe stark wirksamer Nervengifte und -kampfstoffe der vierten Generation, die ab den 1970er-Jahren in der Sowjetunion entwickelt und mindestens bis in die 1990er-Jahre in Russland weiter erforscht wurden. Das Gift selbst ist ein Zwei-Komponenten-Gift – ein Gel. Jede Komponente für sich ist ungefährlich. Werden aber beide Gele gemischt, ist es das schlimmste Nervengift der Welt. Während Rizin ein wasserlösliches, lipidunlösliches und hitzeempfindliches Protein ist und zur Gruppe der Ribosomeninaktivierenden Proteine (RIP) des Typs 2 (RIP-II) gehört und seine toxische Wirkung auf einen mehrstufigen Prozess zurückzuführen ist, welcher eine Zellbindung, einen Transport durch die Zelle, eine Aktivierung im endoplasmatischen Reticulum und letztlich eine fatale Hemmung der Proteinbiosynthese einschließt, basiert das künstlich hergestellte Nowitschok auf Phosphorsäureester. Das Nervengift zählt zur Gruppe der Acetylcholinesterase-Hemmer. Nowitschok ist ein sogenannter binärer Kampfstoff. Das heisst: Die Bestandteile der einzelnen Varianten – jeder für sich relativ harmlos – können getrennt gelagert werden. Das ermöglicht eine nahezu ungefährliche Handhabung vor dem Einsatz. Erst miteinander kombiniert entfaltenBeim Umgang mit hochpotenten ödlichen Giften sind Spezialanzüge erforderlich sie ihre tödliche Wirkung bei geringsten Dosen. Schon 1 (EIN !) Tropfen dieses Nervengiftes kann tödlich wirken. Wer kennt nicht die Mitteilung der Presse: „Skripal und seine 33-jährige Tochter Julia waren am 4. März in einer Kleinstadt bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Sie wurden Untersuchungen zufolge mit einer geringen Menge des Nervengifts Nowitschok in flüssiger Form vergiftet. Spuren davon wurden an Orten nachgewiesen, die sie besucht hatten. Die höchste Konzentration stellten Experten an einer Türklinke am Wohnhaus des Ex-Spions fest.“ Das Bild zeigt die Spezialisten sicher verpackt in Tyvek-Anzügen, Atemmasken, sowie geschützt mit speziellen Schuhen für Hand und Fuß. Die Beschaffenheit und das Material dieser Schutzanzüge wird ausführlich in dem Post „Bitte nicht wegwerfen“ beschrieben. Mit einem Klick kommen Sie dorthin —> https://www.wilram.de/2018/05/17/bitte-nicht-wegwerfen/#wora

 

 

Was wird/wurde über NOWITSCHOK  und  RIZIN  gesagt, geschrieben und berichtet? Hier kommt eine kleine Chronologie der Ereignisse.

Euro-News vom 13.03.2018: So beschreibt Wil Mirzayanow das Mittel, mit dem der Ex-Spion und seine Tochter in Salisbury vergiftet wurden.

In Spiegel-online kommt der Mitentwickler des Nervengiftes Nowitschok, quasi einer der Väter des Nervengiftes Herr  Wil Mirsajanow zu Wort.

Das Schweizer Portal „20Minuten“ schreibt am 13.03.2018: «Es ist die reine Folter, der Schmerz hält Wochen an»

Die WELT sagt am 14.03.2018: Das steckt hinter dem Nowitschok, dem gefährlichsten aller Nervengifte

Am 20.03.2018 ein Talk über 41 Minuiten in phoenix-HD zum Thema: Hubert Seipel und Ivan Rodionov zu Skripal/Nowitschok & Wahlen in Russland.

Die Presse“ schreibt am 22.03.2018: Giftaffäre: Russischer Chemiker gab Nowitschok an Kriminelle weiter

EURONEWS sagt in YOUTUBE am 16.04.2018: Russischer Enthüllungsjournalist Maxim Borodin tot

BBC Newsnight in YOUTUBE am 30.04.2018: How did Russian journalist Maxim Borodin die?

ZEIT-ONLINE fragt am 16.05.2018: Woher kannte der Westen eigentlich den chemischen Kampfstoff Nowitschok?

Das stand in  Süddeutsche  Zeitung am 17.05.2018

Dieses sah und hörte man in der ARD-Tagesschau vom 21.05.2018  über Nowitschok und Sergej Skripal.

Was die ARD-Tagesschau am 07.06.2018 berichtete (und noch einiges mehr) können Sie hier erfahren.

Die WELT berichtete am 14.06.2018: In der Wohnung des in Köln verhafteten Tunesiers wurden neben Rizin auch Metallteile und Angelhacken gefunden. Diese hätten in einer Rizinbombe platziert werden können. Außerdem bestellte er nicht 150, sondern 1000 Rizinussamen.

Am 14.06.2018 stellt die WELT bei einem Antiterroreinsatz in Köln die Frage : „Wie gefährlich ist der Inhalt dieser Tüten?“

Die WELT schreibt am 19.06.2018 in einem langen Artikel, dass der Rizin-Fund zeigt, wie abhängig Deutschland von Amerika ist

Also doch viel mehr als angenommen. BILD schreibt am 20.06.2018: „BKA bestätigte Anschlags-Pläne,  3150 Gift-Samen bei Tunesier gefunden“.

T-ONLINE berichtete am 21.06.218, dass der Festgenommene bereits 84,3 Milligramm hochgiftiges Rizin hergestellt hatte.

 

Gegenmittel:

  • Bei einer Vergiftung mit Rizin gibt es kein Gegenmittel. Sofern die aufgenommene Giftmenge nicht sicher tödlich ist, kann dem Vergifteten nur durch eine intensive medizinische Betreuung bzw. durch die Anwendung lebenserhaltender Maßnahmen geholfen werden.

 

  • Beim Nowitschok, das in hundert verschiedenen Variationen existiert (in fester, flüssiger als auch pulveriger Form)  führen unkontrollierte Nerven-Signale zum Tod. Aber es gibt Gegegnmittel –> siehe weiter unten.

Es bleibt weiterhin unklar, welche der Nowitschok-Verbindungen genutzt wurden, um Skripal und seine Tochter zu vergiften. Aber immerhin verstehen die Ärzte die Auswirkungen der Gifte gut. „Sie reagieren sehr ähnlich wie andere Nervengifte“, sagt Carlin. Im Prinzip löst das Gift eine Protein-Kettenreaktion aus, die dazu führt, dass Körpergewebe, Organe und Muskeln unkontrolliert mit Signalen bombardiert werden. Das geschieht durch den Neurotransmitter Acetylcholin, den der vergiftete Körper ungehemmt produziert.

„Die Signale kommen ununterbrochen und überlasten das Körpergewebe, die Muskeln und Organe. Das führt zu übermäßigem Speichelfluss und Atemproblemen, weil die Muskeln nicht mehr kontrollierbar sind. Es kann zu Lähmungen, Krämpfen und letztlich zum Tode führen, wenn die Dosis hoch genug ist oder die Belastung lange genug anhält.“ Weil Nowitschok-Verbindungen viel mächtiger sind als andere bekannte Nervengifte, reichen geringere Mengen davon aus, oder auch eine kürzere Zeit, um den gleichen Schaden anzurichten.

Michelle Carlin lehrt forensische und analytische Chemie an der Northumbria Universität in Newcastle und schlägt als Gegenmaßnahme bzw. als Soforthilfe vor:

  1. ein Medikament, um die Nervensignale zu bändigen

  2. ein zweites Medikament als Gegengift

 

 

  • Zum einen Pralidoxim, das die Produktion von Cholesterasebeschleunigt. Dieses Enzym wird durch das Nervengift blockiert, dadurch wird der ganze Signalweg durcheinandergebracht. Sobald wieder Cholesterase produziert wird, kann auch der Neurotransmitter Acetylcholin wieder unter Kontrolle gebracht werden. Dadurch geht die Flut der Signale an die Muskeln und Organe zurück, die Nerven beruhigen sich wieder.

Für chemisch interessierte Leser etwas genauer: Pralidoxim-s, 2-Pyridinaldoximmethyliodid (Abk. PAM), E pralidoxime, Substanz, die als Antidot bei Vergiftungen mit Phosphon- und Phosphorsäureestern (Acetylcholin-Esterase-Hemmer) eingesetzt wird. Pralidoxim ist in der Lage, die bei solchen Vergiftungen blockierte (phosphorylierte) Acetylcholin-Esterase durch Übernahme des Phosphoryl- bzw. Phosphonylrestes zu reaktivieren. Eine Weiterentwicklung von Pralidoxim stellt das Obidoximchlorid dar. Acetylcholin-Esterase-Reaktivatoren, Parasympathomimetika.

 

  • Zum Anderen muss Atropin, ein Alkaloid, verabreicht werden, das auch in Tollkirschen vorkommt und als Gegengift nicht nur gegen Nowitschok-Verbindungen wirkt. „Es ist auch ein Gegengift gegen andere Organophosphat-Insektizide und Pestizide“, erklärt die berühmte Toxikologin Michelle Carlin.

Jedem Zusatzstoff ist eine sogenannte E-Nummer zugeordnet.

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